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Einfluss von maternaler Impulsivität auf die fetale Herzentwicklung - ein Follow-Up

Gespeichert in:

Bibliographische Detailangaben
Personen und Körperschaften: Rottleb, Ellen
Titel: Einfluss von maternaler Impulsivität auf die fetale Herzentwicklung - ein Follow-Up
Hochschulschriftenvermerk: Dissertation, Universität Leipzig, 2020
Format: E-Book Hochschulschrift
Sprache: Deutsch
veröffentlicht:
Online-Ausg.. 2022
Schlagwörter:
Quelle: Qucosa
Details
Zusammenfassung: Neben Genetik und Lebensstil wirken sich intrauterine Einflüsse dauerhaft auf die Kindesentwicklung aus und sind mitentscheidend über spätere Gesundheit oder Krankheit. Erstmalig veröffentlichten Barker mit Osmond 1986 Untersuchungen zum Zusammenhang zwischen niedrigem Geburtsgewicht und kardiovaskulären Erkrankungen im Erwachsenenalter. Neben Malnutrition gibt es auch zahlreiche Untersuchungen, dass Stress bzw. vermehrte Cortisolmengen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen im Erwachsenenalter einhergehen und somit zur sogenannten fetalen Programmierung führen (Benediktsson et al. 1993, Lindsay et al. 1996a, Lindsay et al. 1996b, Doyle et al. 2000, Huh et al. 2008). In dieser Studie sollte überprüft werden, ob sich Impulsivität in der Schwangerschaft dauerhaft auf die fetale Herzentwicklung auswirkt. Damit wurde als Follow-up Bezug zu einer eigenen Untersuchung aus dem Jahr 2009 genommen (Koelsch et al. 2009). Impulsivität, in Form einer moderate Intermittent Explosive Disorder (mIED), stellt eine milde, nicht krankhafte Form einer Verhaltensstörung dar und ist im Wesentlichen durch impulsive Ausbrüche gekennzeichnet, die unverhältnismäßig zum auslösenden Ereignis sind. Betroffene zeigen Merkmale wie stärkere Agitiertheit, größere Stressantworten zu sensorischen Stimuli, erhöhte zentralnervöse Erregbarkeit sowie Ruhelosigkeit und Hyperaktivität (Kolesch et al. 2008). In der Studie von 2009 wurden schwangere Frauen auf Vorliegen einer mIED in einem von Koelsch et al. (2008) entwickelten Verfahren unter Verwendung von EEG-Daten, eines diagnostischen Interviews und eines Fragebogens untersucht. Bei neugeborenen Kindern von Müttern mit mIED (n = 22) wurden EKG-Veränderungen im Vergleich zur Kontrollgruppe (n = 27) gefunden. Einige Parameter der Herzratenvariabilität waren vermindert und die RS-Amplituden der Brustwandableitungen deutlich größer im Vergleich. Bei der gegenwärtigen Follow-up-Untersuchung waren dieselben Kinder fünf bis sechs Jahre alt und wurden erneut auf diese EKG-Veränderungen untersucht. Teilgenommen hatten 15 Kinder von Müttern mit mIED als Versuchsgruppe und 20 Kinder von Müttern ohne mIED als Kontrollgruppe. Es wurden Ruhe-EKGs abgeleitet, die nach Entfernung von Artefakten mindestens zwei Minuten durchgehend sein mussten. Weiter wurden Blutdruck, Kopfumfang, Größe und Gewicht erfasst. Darüber hinaus wurde der Zusammenhang zwischen gesteigerter pränataler Impulsivität der Mutter und einer späteren neurophysiologischen Entwicklungsverzögerung des Kindes überprüft. Zu Impulsivität selbst gibt es in diesem Kontext keine Studien. Jedoch wurde in einigen Studien der Zusammenhang zwischen erhöhtem pränatalem Stress und Ängstlichkeit mit einer verzögerten Entwicklung gesehen (Mughal et al. 2019, Sandmann et al. 2012, Gutteling et al. 2005, Huizink et al. 2003), sodass die Erfragung wichtiger Entwicklungsschritte aus dem Denver Developmental Screening Test (Denver II) (Frankenburg et al. 1992) erfolgte. Die EKGs wurden mit dem Computerprogramm Kardionoon 2.0 (Koelsch et al. 2007) aus-gewertet. Anschließend erfolgte die statistische Auswertung der EKG-Daten, des Blutdrucks, der Größe, des Gewichts, des Kopfumfangs, des Alters und der vergangenen kindlichen Ent-wicklungsschritte im Statistikprogramm SPSS 22 (IBM) mit dem Mann-Whitney-U-Test. Daten zum aktuellen Entwicklungsstand beinhalteten Ja-/Nein-Entscheidungsfragen und wurden mit einem Chi-Quadrat-Test ausgewertet. Die Mittelwerte der RS-Amplituden in den Brustwandableitungen V3-V6 und V3-V5 waren in der Versuchsgruppe signifikant größer als in der Kontrollgruppe (V3-V6: p-Wert = 0,03, V3-V5: p-Wert = 0,021). Somit konnten wir zeigen, dass diese Befunde auch Jahre nach der Geburt noch dargestellt werden können, wobei durch unsere Studie nicht geklärt werden konnte, inwieweit diese Befunde krankhaft bzw. klinisch relevant sind. Die Parameter der Herzratenvariabilität unterschieden sich nicht signifikant. Weiter ließen sich auch keine signifikanten Unterschiede im Blutdruck, Kopfumfang, Größe oder Gewicht finden. Bezüglich der neurophysiologischen Entwicklung konnten Kinder von Müttern mit mIED signifikant eher frei sitzen (p-Wert = 0,046). Weitere Unterschiede zeigten sich nicht. Somit bot sich kein Hinweis auf eine Entwicklungsverzögerung, welche durch maternale Impulsivität bedingt sein könnte. Diese Untersuchung an einer kleinen Stichprobe ließ annehmen, dass die fetale Herzentwicklung durch maternale Impulsivität beeinflusst wird und zeigte somit einen Angriffspunkt, um kardiovaskuläre Erkrankungen vorbeugen zu können. Der Zusammenhang sollte in größeren Studien bestätigt werden.